Jedi Praxeum
#11
Als mit Koryn ging, formierten sich mehrere Gedanken zu einer Erinnerung. Einer Erinnerung vergangener Zeiten. Die junge Frau erinnerte sich an die alte Zeit, eine Zeit, als sie noch mehr Kind als Jugendliche war. Es war die Zeit, in der sie furchtbare Qualen erlitten hatten. Nicht durch Waffen oder Feuer, sondern allein durch die stille Grausamkeit ihrer Mitschüler und Altersgenossen. Nein, sie driftete nicht in diese alte Angst ab, nicht zu genügen und dafür bestraft zu werden, anders zu sein. Sie war anders und hatte Talente, die anderen als unnatürlich erschienen. Die Macht war ein wesendlicher Teil von ihr. Ein mächtiger Teil, der ungebändigt war aber die Möglichkeit offenbarte, etwas ändern zu können. All diese Vergangenheit, all diese Zurücksetzungen, die einst waren, hatten sie an diesen Ort geführt. Sie sollte hier sein, als die Frau, die sie jetzt war. Einst hatte sie versucht, sich anzupassen, als Cheerleaderin, für die Massen in den Sportstadien ihrer Heimat getanzt, und doch war da immer diese Leere gewesen. Diese heimtückische Furcht, niemals zu genügen und dafür geschnitten zu werden, wenn man sich gegen herrschende Interessen oder Ansichten stellte. Schlicht, wenn man anders war. Einst war es die Hautfarbe, die sie von anderen getrennt hatte und nun war es etwas anderes. Doch störte sie es nicht mehr. Hier waren alle irgendwie anders. Koryn bewies ihr, dass man mit Mut anders sein konnte und trotzdem tapfer für etwas einstehen konnte. Luke nahm sie auf, als die Frau, der Wildfang, der sie war. Alle hier hatten ihre Schicksale zu tragen, waren verbunden durch etwas Größeres, was Mytria endlich Erleichterung verschaffte.

"Mytria," sagte die Stimme ihrer Mutter in ihrem Schädel. "Kleiner Mond," so wurde sie von ihren Eltern genannt. "Bevor du aufbrichst, bevor du dieses Abenteuer beginnst, wisse einst, dass du geliebt wirst. Wir lieben dich," erklärte die Erinnerung dem unsicheren Kind, das davor mit Luke Skywalker zu den Jedi zu reisen. "Du wirst viele Dinge sehen. Es wird auch vieles dabei sein, was dich ängstigen wird. Doch verzweifel nicht. Wir werden immer in deinem Herzen bei dir sein. Du kannst immer zu uns zurückkehren. Und wenn du verzweifelst, dich fürchtest, sieh zu den Sternen, blicke hinauf, und du wirst entfernt deine Heimat finden. Wir sind für dich da." Die Worte hatte sie nicht vergessen. Sie hatte niemals vergessen, dass sie wirklich geliebt wurde. Trotz der Rückschläge, all der Panik ihrer Jugend, war da immer diese elterliche Liebe gewesen. Eine Liebe, frei von Missgunst, Niedertracht und Verlangen, sondern rein in ihrer Natur. Mytria dachte daran zurück, an jene Verabschiedung. Es gab ihr Kraft, diesen Tag zu überstehen. Es gab ihr Kraft, zu wissen, dass es immer jemanden gab, der zu ihr stand. Auch Koryn hatte ihr etwas bewiesen, dass auch er zu ihr stand. Es war seltsam, merkwürdig sogar, dass Mytria ähnlich für Koryn fühlte. Sie vertraute ihm, so als ob die Macht dies wollte und es ganz natürlich war. Mit dieser Erinnerung im Blick betrachtete sie den Kel'dor. Beständig folgten sie Luke, immer weiter, bis sie eine Bank unter einem Baum erreichten. Das Praxeum war schön, umgeben von Grün und einem Bach kehrte Ruhe ein, während der Wind und die Vögel ihre Lieder sangen. Alles lebte hier, strahlte im Licht der Macht.

Schließlich war man am Ziel angelangt. Koryn setzte sich auf die Bank, ganz wie Meister Skywalkers es gewünscht hatte, und Mytria hatte im Zuge dieser Handlung seine Hand losgelassen, die sie bis zu diesem Zeitpunkt voller Hingabe gestützt hatte. Skywalker nahm im Gras Platz, wo er sich bequem niederließ. Mytria blickte für einen Moment etwas verlassen zwischen beiden Jedi hin und her, bis sie neben Koryn Platz nahm. Sie setzte sich bedächtig hin, rutschte dicht an Koryn heran, ohne dies bewusst zu tun. Ihr Kopf fiel leicht zur Seite, um auf der Schulter des Kel'dors zu ruhnen, als Skywalker sprach. Die junge Frau lauschte aufmerksam, da Luke antworten versprach auf viele Fragen, die Mytria hatte. "Nein, die Macht gibt Acht auf uns," meinte die angehende Jedi und fiel Koryn ins Wort, als dieser seine Erklärung abgab, dass auch sie hätten sterben können. "Die Macht wollte nicht, dass wir dieses Schicksal teilen," sagte sie ernst, während ihre Augen sich kaum rührten und auf Luke lagen, der im Blickwinkel leicht herabgesetzt saß. "Erinnere dich an unsere Bilder," meinte sie, während ihre Hand nervös auf ihr Bein fiel, nachdem sie eine seltsame Geste in die Luft gemalt hatte. Noch immer ruhte sie mit ihrem Schädel auf seiner Schulter, so dass die langen Haare sanft im Wind in sein Gesicht schlugen.

Doch dann sprach Koryn eine wichtige Frage aus, die sie nicht unterbrach, denn sie hätte sie ebenfalls gestellt. Wie konnte eine Person so etwas tun? Natürlich wusste Mytria um die Grausamkeiten von Gruppen und Einzelpersonen aber konnte nicht verstehen, dass man andere töten wollte. Nie hatte sie jemanden töten wollen, zwar bestrafen aber niemals töten. Ein Tod war etwas Endgültiges, etwas, was nicht wieder gut zu machen war. Was Lee getan hatte, hatte auch sie entwurzelt, so dass nur die Erinnerung an die Liebe, die sie kannte, ihr Frieden schenken konnte. Schließlich bestärkte Koryn seine Jedi-Verpflichtung, was Mytria missverständlich erschien, denn er war bereits ein Jedi und es brauchte keine wörtliche Bekräftigung, sondern Taten, eine offenkundige Hingabe zum Jedi-Sein. Wollte er nur sich selbst helfen? Wollte er nur sich selbst sagen, dass er niemals, wie Lee sein konnte? Mytria war erstaunt, dass der Kel'dor die dunkle Seite so einfach ausschloss. Jeder konnte ihr verfallen. Sie selbt hatte sie vor wenigen Minuten selbst erfahren. "Die dunkle Seite kann jeden befallen," sagte die Frau und nahm ihren hübschen Kopf von seiner Schulter, um etwas Distanz zu gewinnen. Auch war die Position unbequem geworden, so dass sie sich mit überschlagenen Beinen nach Hinten an das Holz der Bank lehnte. Sie war enttäuscht von Koryn, dass er so einfach eine gefährliche Tatsache leugnete, dass alle stets in der Gefahr der dunklen Seite lebten. Mytria fürchtete sie, sah sie hinter sich und überall lauern, auf einen Moment der Schwäche und des Zornes. Schließlich sagte Koryn etwas, was sie auch verunsicherte, da ihr gerade bewusst wurde, dass etwas Böses von diesem Refugium wusste, dass ihr gerade - auch durch die jetzige Erfahrung - ein neues Zuhause hätte werden können. Die junge Anwärterin holte tief Luft, legte ihre Hände übereinander im Schoß ihrer Sitzposition und blickte fordernd zu Luke: "Was will uns töten?" Es war eine wichtige Frage, die sich direkt an Koryns letzte Frage anschloss, da Mytria diese Sache durchdacht hatte. Die dunkle Seite war über sie gekommen aber warum? Was geschah in dieser Galaxis? Mytria wollte verstehen, damit diese unbestimmbare Furcht endlich bestimmbar wurde. Anders als Koryn suchte sie keine Flucht in emotionale Fragen, ob sie noch sicher waren, denn Sicherheit war immer nur ein Gefühl, sondern wollte einen klaren Feind benennen. Nicht dieses diffuse Monster sehen, sondern wollte begreifen, was Lee zu diesem Mörder gemacht hatte. Was war hier wirklich passiert? Mytria beugte sich leicht vor, veränderte leicht ihre Position und löste die überschlagene Haltung ihrer Beine auf, um diese am Boden anzuwinkeln, so dass diese abgewandt schräg fielen.

Es gingen ihr viele Dingen durch Kopf. Sie dachte an vieles, doch nur Luke würde diese Gedanken ordnen können, indem er ihr benannte, was wirklich vor sich ging. Was war diese Bedrohung? Mytria verstand noch nicht, was die Sith waren oder das Imperium. Es waren nur Begriffe ohne Gewicht, die man einfach sagte. Man sagte oft einfach Dinge ohne sie näher zu bestimmen und einem Mädchen, welches die Galaxis nicht kannte, war es so umso schwerer, Gedankengängen zu folgen. Luke berichtete zwar von einem Pfad, einem Weg und Bestimmung aber für die angehende Jedi waren es noch nur Worte, bis jetzt. Endlich schaffte sich etwas Klarheit, da Luke sich endlich zu ihnen begab. Nicht mehr nur als Meister, sondern als Freund und Kamerad. Nun war er endlich der Jedi, den sie suchte. Im Gras vor ihr saß der Meister, den sie brauchte, nicht den erklärenden und weisen Großvater, sondern den Bruder, der ihr Hilfe anbot und sich Zeit nahm. Es war dieser kostbare Moment. Nun wartete sie still, auf eine Wort des Skywalkers, um ihre eigenen wirren Gedanken zu verstehen, die einem Windgeist gleich, umher schossen.
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#12
Ruhig saß Luke vor seinen beiden Schüler auf dem weichen Erdboden, während sie ihre Gedanken in Worte fassten. Ihm mitteilten was sie beschäftigte und worauf sie eine Antwort erwarteten. Sie waren so unterschiedlich in ihrer Art und ihrer Denkweise, was ihm dieser Moment wieder einmal deutlich vor Augen führte. Koryns Fragen und Bedenken zeugten von einer gewissen Bodenständigkeit und einem natürlichen Realismus. Einer bestimmten Nüchternheit und Sachlichkeit, welche die Dinge selbst betrachtete, während Mytria versuchte das Große Ganze in Bezug zu bringen. Jede Sichtweise war alleine für sich nicht die Denkweise die ein Jedi eines Tages verfolgen sollte, sondern etwas, das er in ein Gleichgewicht bringen musste. Wer immer nur das Große sah, neigte dazu essentielle Details zu übersehen und jemand, der nur das sah was vor ihm lag, würde dazu neigen die Folgen und Konsequenzen außer Augen zu verlieren. Aber eine solche Balance bekam man nicht in die Wiege gelegt, sondern man musste sie sich erlernen. Er selbst erhob nicht den Anspruch diese Balance gefunden zu haben, so neigte auch er mal mehr in die eine Richtung und mal mehr in die andere Richtung auszuschlagen. Aber es war nur eines von den vielen Dingen die er noch lernen musste. „Ja, vielleicht wäre es so gekommen“, begann er mit ruhiger Stimme an zu sprechen und bezog sich mit seinen Worten auf die Befürchtung die Koryn geäußert hatte. „Doch ist es das nicht. Es ist richtig sich solche Gedanken zu machen, Ereignisse zu reflektieren, doch sollte man sich nicht zu sehr damit aufhalten. Man darf sich nicht dazu verleiten lassen nur die negativen Dinge zu sehen, die hätten passieren können, aber man darf auch nicht so leichtsinnig sein sie zu ignorieren.“ Luke lenkte den Blick aus seinen blauen Augen langsam auf Koryn. „Der Tod ist nichts, das ein Jedi fürchten sollte“, führte er seine Ausführungen fort. „Nicht fürchten soll er ihn, sondern respektieren. Nur mit dem nötigen Respekt dem Tod gegenüber lernt ein Jedi den wahren Preis eines Lebens zu schätzen.“ Wer anfing den Tod zu fürchten, würde anfangen dieses Wissen zu verdrängen. Der Tod eines Wesens würde zu einer Nichtigkeit verkommen und das Leben seinen Wert verlieren. Aber man sollte sich auch nicht von ihm einschüchtern lassen, so könnte es einen Jedi daran hindern, den notwendigen Schritt zu gehen. Es war wahrlich kein einfacher Weg, der vor einem Jedi lag und es wäre vermessen zu glauben, dass man nicht ins Stolpern geraten würde. Jeder Tag war eine neue Prüfung und an jedem neuen Tag begann man sein altes Handeln zu überdenken. Damals in der Schlacht von Yavin, da hatte er keine Sekunde gezögert, sondern getan, was getan werden musste. Er hatte es getan, weil alle gesagt hatten, dass es getan werden musste. Er hatte keine Ahnung gehabt, wie viele Menschen sich auf dem Todesstern befunden hatten und die er mit seinem Handeln in den Tod geschickt hatte. Ja, das Imperium hatte Millionen von Menschen auf Alderaan getötet, doch war es wirklich gerecht diese Tode mit weiteren Tode aufzuwiegen? Würde ein derartiges Handeln wirklich jemals ein Ende finden oder würde es sich nicht einfach bis in alle Ewigkeit wiederholen? Noch vor 5 Jahren hatte er es nicht eiliger gehabt in den Krieg zu ziehen. Ruhm und Ehre zu erlangen. Abenteuer zu erleben und sich einen Namen zu machen. Heute dagegen stellte er sich oft die Frage wie Krieg zu Frieden führen konnte und je länger er darüber nachdachte, desto unmöglicher erschien es ihm. Es war auf dem zweiten Todesstern gewesen, von wo aus er die Schlacht von Endor beobachtet hatte, begleitet von den Worten des Imperators, als ihm dieser Gedanke zum ersten Male gekommen war. Als er sich dazu entschieden hatte nicht zu kämpfen, sondern versucht hatte zu sprechen. Zu vermitteln. Nicht mit Waffen, sondern mit Worten zu kämpfen. Es war sein Mitgefühl gewesen, welches ihm seinen Vater zurückgebracht hatte. Nicht sein Lichtschwert. Doch war es wirklich möglich dies auch im Großen zu erwirken? Es war eine Übermacht, der er gegenüber stand. Zu festgefahren die Personen in ihrem Denken und Handeln.

Für einen Moment lang verlor sich Lukes Blick in der Ferne, ehe sich wieder auf das Jetzt konzentrierte und seinen Blick auf Mytria richtete. „Die Macht ist unsere Stärke doch ein jeder Jedi ist für sein Handeln und seine Taten selbst verantwortlich“, sprach er leise ohne den Blick von ihr zu nehmen. „Es wäre überheblich zu glauben, dass sie einem aus jeder Situation hilft, in die man sich selbst durch Unachtsamkeit gebracht hat.“ Es war ein gutmütiges Lächeln, welches sich auf seine Lippen schlich und seine Wort in ihrem Vorwurf abmilderte. „Man soll auf sie hören, wenn sie zu einem spricht, aber man darf ihr nicht kopflos folgen“, erklärte er weiter. „Ihre Absichten sind nicht immer deutlich und zu schnell läuft man Gefahr sie misszuverstehen. Man darf die eigene Verantwortung nicht auf die Macht abwälzen und sie als Rechtfertigung für das eigene Handeln missbrauchen. Nicht als Entschuldigung für das eigene Fehlverhalten sehen. Wir sind es, die der Macht dienen. Nicht sie uns.“ Ein festes Vertrauen in die Macht war wichtiger Aspekt und doch durfte man darüber hinaus nicht die eigene Verantwortung und die eigenen Pflichten vergessen. Ein Fehlverhalten war schnell mit einem 'die Macht wollte es so' gerechtfertigt ohne auch nur eine Sekunde weiter darüber nach zu denken. Irgendwann einmal war man nicht mehr in der Lage die Verantwortung für sein eigenes Handeln einschätzen zu können, geschweige denn zu tragen. Es war schon immer leicht die Schuld bei anderen zu suchen, anstatt bei sich selbst, doch durfte ein Jedi sich nicht zu einem solchen Verhalten hinreißen lassen. Er musste lernen die Verantwortung für all sein Handeln zu tragen. Es musste ihm bewusst werden, dass alles was er tat, Folgen und Konsequenzen haben würde. Jedes Leben, welches er schützte hatte seinen Preis, gleichfalls wie jedes Leben, das er nahm. Es würde seine Hand gewesen sein, die den Streich geführt hatte, egal in welchem Auftrag er es getan hatte. Ein Jedi der sein Verhalten gedankenlos auf den Willen der Macht schob unterschied nichts mehr von all den anderen Personen, welche den rechten Pfad verlassen hatten.

„Lee hatte es von uns allen am schwersten getroffen, als Sanzaa verschwand“, kam es mit nachdenklicher Stimme von Luke. „Er fühlte sich ihr auf eine besondere Art verbunden. Eine Verbindung, die ich womöglich falsch eingeschätzt habe.“ Er hatte immer mal wieder im Ansatz darüber nachgedacht, aber diese Gedanken nie bis zu Ende verfolgt. So vieles war in der Zeit passiert und zu so vielen Orten hatte man ihn geschickt, dass ihm nie Zeit für sich geblieben war. Er hatte wie immer stets alle Bedürfnisse anderer vor seine eigenen Bedürfnisse gestellt. Seine Gedanken nach hinten geschoben, für die Probleme und Schwierigkeiten anderer. Er wollte es nicht als Fehler bezeichnen, so hatte es ja auch seinen Nutzen gehabt. Er hatte wohl leider einfach nur aus den Augen verloren, dass jedes Handeln Konsequenzen nach sich zog und jeder Sieg mit einem Preis einher kam. „Er konnte sich nicht damit abfinden dass sie weg war und er hatte den Eindruck, dass es keinen von uns kümmern würde“, erzählte Luke weiter und atmete tief ein. „Er wollte nach ihr suchen und keines unserer Argumente drang zu ihm hindurch. Zuerst versuchten wir ihn abzuhalten, doch dann ließen wir ihn ziehen, obwohl wir es hätten besser wissen müssen.“ Luke machte eine kleine Pause, senkte seinen Blick und richtete ihn auf seine Hände. „Er war der Einzige, der uns hätte verraten können, was wirklich geschehen ist, doch wird er unsere Fragen nicht mehr beantworten können.“ In Lukes Stimme schwang leise Trauer mit, so verbanden ihn und Lee doch eine gemeinsame Vergangenheit. Er hatte ihn gekannt, noch bevor er diese Gemeinschaft gegründet hatte. Er war einer der ersten gewesen, die zusammen mit ihm dieses Anwesen mit Leben erfüllt hatten und nun war es eine Lücke, die er hinterließ. „Die Dunkle Seite weiß sehr gut, wie sie sich eine solche Verbundenheit zu Nutzen machen kann“, sprach er weiter ohne seinen Blick zu heben. „Schnell wird aus dieser Verbundenheit eine unbändige Wut, wenn man den Anderen bedroht sieht. In dem Wunsch ihn zu beschützen greift man nach allem was einem auf schnelle Weise Hilfe bietet. Die Furcht um das Wohl des Anderen lässt einen blind werden für die Wahrheit. Man bringt die Vernunft zum Schweigen und überlässt seinen Emotionen die Kontrolle. In diesem Moment hat man die ersten Schritte auf einem Pfad gesetzt von dem eine Umkehr nur schwer möglich ist. Man hat sich der Dunklen Seite geöffnet, ihr Zugang gestattet und dann ist es mitunter nur noch ein Fingerschnippen entfernt ehe Freunde zu Feinde werden. Die Dunkle Seite ist gut darin dir einen grausamen Weg als den einzig richtigen Weg aufzuzeigen um zu schützen, was du zu schützen versuchst.“ Es war nicht einfach nur eine Lehre die er ihnen gerade mitteilte. Nichts, was er irgendwo gelesen oder ihm irgendjemand erzählt hatte. Es war etwas, das er selbst erlebt hatte. Er hatte am eigenen Leib gespürt wie einfach es doch war auf die Dunkle Seite zu wechseln und das ohne sich darüber bewusst zu sein. Er selbst war gefallen und auch wenn er es geschafft hatte zurück zu kehren, wer war er dass er anderen daraus ein Vorwurf machen konnte? Er wusste nicht was vorgefallen war. Er wusste nicht welche Versprechen ihm die Dunkle Seite gemacht hatte oder welche Schwäche sie ausgenutzt hatten um ihn zu dem Instrument zu machen, zu dem er geworden war. Solange er keine Antworten auf seine Fragen hatte, solange würde er sich kein Urteil über Lee erlauben. Zu schnell waren falsche Schlüsse gezogen, zu schnell eine Meinung gebildet und zu schnell eine Person zu etwas gemacht, was sie unter Umständen gar nicht war. Er würde nicht zulassen, dass jemand hier Lee zu einem Feindbild machte, solange die Umstände seines Falls zur Dunklen Seite nicht geklärt waren.

Luke hob wieder seinen Blick und sah Mytria an. „Ich spüre, dass du dir einen Namen wünscht und doch kann ich dir keinen geben. Es lässt sich nicht an einem einzelnen Namen festmachen, nicht an einer einzelnen Person“, versuchte zu Luke zu erklären, was so einfach nicht zu erklären war. Natürlich könnte er nun sagen, dass es der Imperator war, der versuchte sie zu töten, doch war es wirklich die Person selbst? War es nicht genau so den Glauben den er verfolgte? Die Seite für die er sich entschieden hatte? Die Männer die seinem Befehl folgten? Es war nicht richtig alles einer einzelnen Person zu zuschreiben, wenn so viele Aspekte dabei eine Rolle spielten. „Wenn ich dir sagte, dass die Luft um uns herum tödlich ist, würdest du mich nicht ernst nehmen, weil sie etwas ist, das du zum leben benötigst. Doch Koryn würde meiner Aussage zustimmen. Die Luft die du zum Leben brauchst, bedeutet für ihn nicht Leben, sondern Tod. Ein und dieselbe Sache, doch die unterschiedliche Sichtweise lässt sie zu zwei Dingen werden. Wir Jedi nutzen die Macht auf unsere Weise und verurteilen andere Wege. Andere nutzen sie auf ihre Weise und verurteilen uns Jedi für unseren Weg.“ Luke atmete tief ein, schloss für einen kurzen Moment die Augen und ein Blatt des Baumes schwebte langsam zu ihnen herab und verharrte zwischen ihm und den beiden Schüler in der Luft. „Du stellst dir die Frage, was uns töten will, so wie sich andere die Frage stellen, warum wir sie töten wollen“, sprach er weiter und sah seine beiden Schüler über das Blatt hinweg an. „Es ist der natürliche Kreislauf, dass das Licht den Schatten vertreiben muss, so wie der Schatten das Licht vertreiben muss und doch kann das eine erst durch das andere entstehen.“ Das Blatt schwebte noch immer zwischen ihnen in der Luft, als sich im dunklen Blätterdach ein winziger Spalt öffnete und einen zarten Strahl des Mondes hindurch ließ, der schwach auf das Blatt fiel, unter dem sich nun ein großer, schwacher Schatten abzeichnete. „Wo Licht ist, wird immer ein Schatten sein“, kam es mit gedämpfter Stimme von dem jungen Jedi Meister. „Anfangs ist das Licht schwach und so auch der Schatten der daraus entsteht, so hat er doch zu wenig Nahrung, um wachsen zu können.“ Das Blätterdach öffnete sich langsam weiter und der Lichtstrahl, der auf das Blatt fiel wurde immer heller. Breite sich auf der Oberfläche des Blattes aus, ehe er über dessen Ränder glitt und auf den Boden herabsinken konnte. Der anfänglich nur schwache Schatten unter dem Blatt war nun kleiner als zuvor, doch er war von tiefdunkler Farbe. Einem Schwarz, das alles Licht zu verschlucken schien. „Doch je stärker das Licht wird, je mehr es versucht den Schatten zu verdrängen, desto mehr Nahrung erhält er und desto dunkler und mächtiger wird er.“ Das Blätterdach über ihnen verschloss sich wieder und das Blatt schwebte langsam zu Boden und blieb zwischen ihnen liegen. „Dann wenn er sich satt gefressen hat, wird er anfangen das Licht aus der Welt zu vertreiben.“ Luke streckte seine Hand aus und griff nach dem Blatt und wiegte es in seiner Hand hin und her. „Die Dunkle Seite ernährt sich von Leid und von Schmerz so führt doch beides zu Hass“, erklärte Luke und richtete seinen Blick auf seine beiden Schüler. „Mitleid und Mitgefühl. Emotionen der Hellen Seite. Je mehr Leid und Schmerz vorhanden ist, desto mehr Mitleid und Mitgefühl wird erforderlich um dem Hass der entsteht entgegen zu wirken. Eine große und schwere Aufgabe und viele Male wird man sich ihr nicht gewachsen fühlen. Hat das Gefühl alles würde zu lange dauern, wünscht sich eine schnellere Methode. Etwas, das die Dunkle Seite bieten kann. Doch kann und wird noch mehr Hass, noch mehr Leid und Schmerz nie die Antwort sein dürfen.“ Lukes Hand mit dem Blatt erhob sich langsam und das Blatt wurde langsam über den Platz davon getragen. Er ließ seine Hand wieder zurück in seinen Schoß sinken. „Ja, vielleicht könnte ich dir einen Namen nennen, doch würde es dir helfen die Sache zu verstehen oder würde es dich lediglich dazu verleiten deinen Unmut auf eine einzelne Person zu richten? Würde ich dich damit Mitgefühl lehren oder dich nicht doch dazu verführen, den schnellen Weg zu wählen?“ Ja, eigentlich hatte er vorgehabt ihre Fragen zu beantworten, doch ging es nicht, ohne auch ihnen Fragen zu stellen. Fragen, die sie sich selbst beantworten mussten und auch durchaus beantworten konnten. Es war nicht falsch, auf Dinge zu hören, die einem jemand anderes sagte, aber es war auch nicht falsch, sich seine eigenen Gedanken zu machen. Sich eine eigene Meinung zu bilden, seine eigenen Schlüsse zu ziehen, so festigte dies doch die Person, die man selbst war. Man sollte stets man selbst bleiben und nicht zu einem Abbild einer anderen Person werden. Mochte sein, dass dieser Weg nicht einfach war und viele Stolpersteine bot. Gespickt war mit Rückfällen und Fehlversuchen. Aber es war ein Weg der wert war gegangen zu werden.

„Wir werden nicht zulassen, dass sich so etwas noch einmal wiederholen wird“, fügte Luke seinen Worten noch hinzu und griff damit eine Frage auf, die Koryn zuvor gestellt hatte. Er konnte nicht mit reinem Gewissen sagen, dass das Praxeum auf Naboo noch sicher war, so wusste er nicht, was Lee alles erzählt haben mochte. Aber er musste nicht einmal selbst etwas verraten haben, so hatte das Imperium doch ihre ganz eigenen Methoden um an diese Informationen zu gelangen. Niemand konnte ausschließen, dass man Lee nicht hier her gefolgt war. Luke hatte seine Bedenken, doch hatte er nicht vor seine Schüler damit zu belasten. Diesem Problem mussten er sich mit anderen zusammen annehmen. Die Schüler sollten zur Ruhe kommen und nicht jeden Tag von der Furcht begleitet werden, dass sich ein solches Ereigniss noch einmal wiederholen könnte.
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#13
Von Mytrias anfänglicher Zurückhaltung war nichts mehr zu spüren. Doch vielleicht suchte sie gerade auch nur seine Nähe, um sich nach den schrecklichen Bildern und Gefühlen im Praxeum nicht ganz alleine zu fühlen. Es war noch immer seltsam und wirkte unpassend für eine künftige Jedi, doch der Kel Dor kannte dieses Verhalten von seiner Cousine Roa. Wenn draußen ein besonders heftiger Sturm tobte, hatte sich das Mädchen auch oft an ihn gekuschelt und darauf gewartet, dass der Zorn der Windgeister von Dorin verflogen war. Ihre im Brustton der Überzeugung gesprochenen Worte gaben ihm zu denken, aber er konnte ihnen nicht ganz zustimmen. Schon gar nicht, als Mytria indirekt behauptete, dass auch er der dunklen Seite anheimfallen könnte. Seine Antiox-Masken verhinderten dabei, dass Koryns Mimik allzu offensichtlich wurde. Der Schock über die Ereignisse saß Koryn trotz Meister Skywalkers beruhigender Ausstrahlung noch in den Knochen und es gab vieles, über das er sich erst noch klar werden musste. Der heutige Tag würde seine Zukunft entscheidend formen, auch wenn der Jedi-Schüler die Tragweite der Ereignisse nicht einmal erahnen konnte.

Er war mit Meister Skywalker einer Meinung, dass man sich nicht zu viele Gedanken über den möglichen Ausgang einer Situation machen sollte, die bereits geschehen war. Man konnte hinterfragen, wie es dazu gekommen war – und was man hätte tun können, um sie zu verhindern. Man konnte sich Vorwürfe machen, wenn man falsch gehandelt hatte. Doch letztlich ging es nur darum, was man aus ihnen für die Zukunft lernen konnte. Ein verschnittenes Stück Holz würde man nie wieder in die richtige Form bringen, doch vielleicht konnte man noch einen anderen Nutzen daraus ziehen. Luke Skywalkers Worte zum Tod brachten ihn dagegen wieder ins Grübeln. Er hatte sich nie wirklich Gedanken gemacht, ob er den Tod fürchtete. Sein Leben lag noch vor ihm und er würde den Tod eines anderen Wesens sicherlich nie als eine Kleinigkeit abtun. Zu entsetzlich war die Vorstellung, Personen zu verlieren, die er liebte. Genau darum wollte Koryn sie ja auch als Jedi-Ritter beschützen. Spätestens heute wurde ihm jedoch klar, dass er nicht immer da sein konnte und dass seine edlen Absichten alleine nicht genug waren. Nein, er fürchtete nicht den Tod selbst – aber die Lücke, die nach einem Verlust zurückblieb. Und er konnte, wie er zu seiner eigenen Schande gestehen musste, nicht mit Sicherheit sagen, ob ihn im entscheidenden Moment nicht auch die Tapferkeit verlassen würde…

Die Lektion zur Macht wurde von Koryn wissbegierig aufgenommen. So hatte er es bisher auch immer betrachtet – was unter anderem daran lag, dass seine geistigen Machtfähigkeiten nur wenig ausgeprägt waren und er sich daher ohnehin auf seinen eigenen Verstand verlassen musste. Seiner Ansicht nach gab es keine Rechtfertigung für ungerechte Taten. Lee Valen hatte seine eigene Gemeinschaft hintergangen und eine tiefe Wunde geschlagen. Aus welchem Grund? Offenbar hing seine Tat mit einer anderen Jedi zusammen, die vor einer Weile aus ihrer Gemeinschaft verschwunden war. Doch das war wohl kaum die Schuld von Meister Skywalker oder den anderen Bewohnern des Praxeums! Ruhe über Zorn, Ehre über Hass, Stärke über Angst. Mit diesem einfachen Mantra hielt Koryn seine eigenen Emotionen im Zaum, wenn ihm der Jedi-Kodex gerade zu wenig … greifbar erschien. Sorge, Wut, Enttäuschung – das alles waren legitime Emotionen. Doch sie durften nicht dazu führen, dass man anderen Wesen Schaden zufügte! Sie gaben einem nicht das Recht, das eigene Leid auf andere zu übertragen.

Koryn fühlte sich unerwartet betroffen, angesprochen von dem, was Meister Skywalker sagte. Der schnelle Weg… Er selbst war oft ungeduldig mit seinem eigenen Fortschritt und wusste, dass er deutlich emotionaler war, als es sich für einen Jedi gehörte. Die Gelassenheit, die anderen im Praxeum so leicht zu fallen schien, hatte sich bei ihm und Mytria noch nicht angefunden. Nach wie vor wollte er nicht glauben, dass die Dunkle Seite ihn übermannen konnte. Er hatte eine klare Vorstellung von richtig und falsch, wollte Gerechtigkeit verbreiten und die Schwachen beschützen. Sein Bild von einem Jedi – dem Jedi, der er sein wollte – lag so klar und deutlich vor seinem inneren Auge, dass es gar keine anderen Wege gab, die er beschreiten konnte. Und doch, obwohl Luke ihn nicht direkt angesprochen hatte, fühlte er sich mit einem Mal wie ein dummes Kind, das man zurechtgewiesen hatte. Seine Gefühle verrieten ihn und mischten sich mit dem Schmerz, den er durch den Verlust empfand. Der Kel Dor zweifelte nicht an seinem Weg. Nur daran, wie nahe er seinem Ziel, ein Jedi-Ritter zu werden, eigentlich schon gekommen war…

Befangen und in sich gekehrt hörte er Meister Skywalker weiter zu, der sich an einem Gleichnis versuchte. Zumindest dieser Aspekt ihres Lehrer-Schüler-Verhältnisses funktionierte einwandfrei. Selbst wenn Luke den jungen Kel Dor auf Fehler hinwies oder ihm bestimmte Dinge verweigerte, reagierte der junge Mann nicht mit Trotz, sondern versuchte die Sichtweise des Jedi-Meisters mit seiner eigenen in Einklang zu bringen. Was nicht immer einfach war, so auch jetzt. Doch es hinderte ihn nicht daran, Luke Skywalker weiter zuzuhören. Bei seinen abschließenden Worten nickte Koryn und fand auch wieder etwas Selbstvertrauen. Es würde nicht noch einmal vorkommen – was auch immer das bedeuten mochte. Sie würden wachsamer sein, nach innen und nach außen. Und auch er würde helfen, so gut er konnte. Indem er mehr auf die anderen Bewohner des Praxeums achtete, so wie er es mit Mytria getan hatte, und sein Lichtschwerttraining noch disziplinierter angehen. Damit war er einem Dunklen Jedi vielleicht noch immer nicht gewachsen, aber zumindest auch nicht mehr ganz wehrlos.

„Danke, Meister“, sagte der Kel Dor fast schon kleinlaut. Eine für ihn unerwartete Frage formte sich in seinem Geist, die er ebenfalls mit seinem Weltbild nicht ganz in Einklang bringen konnte. Es ging um Lee, dessen Urteil er bereits gefällt hatte. Doch die Art, in der Luke seinen Wechsel auf die Dunkle Seite erklärt hatte, ließ in seiner felsenfesten Überzeugung Risse auftauchen. „Meister Skywalker? Auch wenn es dazu geführt hat, dass er sich gegen die Jedi gestellt hat… Glaubt Ihr, Lee Valen hat gefunden, was er gesucht hat?“
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#14
Mytria wollte dem Meister folgen, doch scheiterte, denn ihr fehlte schlicht ein Verständnis für die Macht. Sie wollte Antworten und diese wollte sie schnell erhalten. Luke wich aus, erklärte und versuchte ihnen verständlich zu machen, was ein Jedi sein sollte und welchen Betrachtungswinkel er als Jedi einnahm. Er versuchte zu vermitteln, was Mytria in diesem Augenblick seltsam fremd vorkam. "Und warum zeigt die Galaxis uns kein Mitgefühl? Ist die Macht gnädig?" - wollte sie laut wissen und bedrängte Luke Skywalker mit dieser Frage ein wenig, da sie ihren Kopf dabei weit vorstreckte, um die Worte mit Unverständnis zu untermauern. "Meister, ihr erklärt vieles, versucht uns etwas verständlich zu machen, was doch eine sehr persönliche Erfahrung ist," wollte sie sich für die dreiste Frage entschuldigen und tappste mit ihrer stürmischen Art in eine erneute Falle. "Und mit der Luft hat das überhaupt nichts zutun! Natürlich kann die Luft für Koryn gefährlich sein aber Lee hat uns angegriffen, aktiv gehandelt und wollte uns töten. Die Luft hat keinen Willen. Sie ist ohne Bewusstsein," meinte sie halblaut und beugte sich dann wieder zurück, um erneut zu Koryn zu flüchten, dessen Nähe sie als Stützte empfand. Die junge Frau suchte Nähe, indem sie sich erneut an seine Schulter lehnte. "Ihr widersprecht euch, Meister. Einerseits sagt ihr, dass Lee sich aus eigenen Motiven entschieden hat und andererseits sagt ihr, dass die dunkle Seite Schwachstellen angreift und nur einen Weg aufzeigt, also konnte er sich nicht entscheiden. Eine Entscheidung braucht immer zwei Alternativen; eine Möglichkeit zur Wahl. Hatte Lee etwa keine Wahl?" Mytria wollte mehr wissen, da sie einfach nicht verstand, was Luke ihr vermitteln wollte. Die Macht erschien erneut undurchdringlich für die junge Frau, die ihr ganzes Leben um Mitgefühl und Aufmerksamkeit kämpfen musste. Niemand hatte sie je aus freien Stücken beachtet. Immer hatte sie für etwas Beachtung kämpfen müssen. Nun wollte Luke ihr vermitteln, dass ein Jedi schlicht hinnehmen musste, auch wenn er Emotionen hatte. Ja, sie hatte Emotionen und war nicht gewillt diese aufzugeben. Zwar verlangte Luke dies nicht und versuchte diese sogar zu erklären, somit auch in den Kontext dieses Vorfalles einzuornden aber Mytria wollte es schlicht nicht begreifen, da sie jung und verbohrt, wie sie war, nur ihre Betrachtungsweise kannte. Die Macht zeigte sich ihr anders, mal stürmischer und wilder, als Luke sie beschrieb. Die dunkle Seite war für sie nicht nur eine Wahl, sondern eine ernste Gefahr, die jederzeit einen Geist in Besitz nehmen konnte.

"Leben ist doch bedeutungslos, wenn ich darüber nachdenke, dass Lee einfach aus eigenen Motiven willkürlich gemordet hat. Die Macht hat es zugelassen, wenn sie Leben schätzt, warum tut sie das dann? Warum tun wir uns solche Grausamkeiten an? Wo ist der Sinn, Meister?" Mytria dachte nach, verrannte sich in ihren eigenen Erfahrungen, die sie mehr geprägt hatten, als sie je zugegeben hatte. Zurücksetzungen, Ausgrenzung und seelische Gewalt hatten Spuren hinterlassen. "Wir verleiten uns doch selbst und erst die Entscheidung über die Dinge, ob sie gut oder böse sind, macht sie doch dazu, oder irre mich da?" Die angehende Jedi kniff beide Augen zusammen, um Luke eindringlich zu betrachten, bevor sie diese wieder sanft öffnete. "Die Betrachtung legt den Wert fest," meinte sie nüchtern, hob sogar dezent ihre Hand an und untermalte diese Aussage mit einer kreisenden Bewegung ihrer zierlichen Hand. Sie konnte nicht wissen, wie nah sie mit dieser Meinung an einer These eines bösen Dämons war, der weitab von hier herrschte. "Ihr erklärt vieles, wollt uns aufklären über den Wert des Lebens und entschuldigt etwas, was keiner Entschuldigung bedarf," sagte sie ernst und doch lag Melancholie in ihren Augen. Die Augen wurden glasig, während sich Tränenflüssigkeit in den Augenwinkeln sammelte. Es tat ihr selbst weh, so hart zu sein aber sie wollte nicht wieder in diese Emotionen fallen, die sie einst hatte.

Sie verweigerte sich der Melancholie und doch erlag sie wenige Momente später dieser Tragik, dass Leben vollkommen willkürlich war. Es gab keinen Sinn oder Zweck in einem Leben, außer dem selbst geschaffenen Sinn. Einst hatte sie dies erfahren. Damals war sie verraten worden, nicht aus Bösartigkeit, sondern schlicht aus Ignoranz. Nur wenige Seelen nahmen Rücksicht. Nur wenige wollten wirklich heilen und helfen, denn die meisten richteten sich in ihren bequemen Lebenswelten ein. Man hatte sie geschlagen, getreten und ausgelacht; warum hatte man das getan? Aus schlichter Bequemlichkeit. Es hatte jemand damit begonnen und die anderen haben es übernommen. Kinder können sehr grausam sein, sagte man ihr später und doch hatte sie nie vergessen. Wenn bereits Kinder so etwas tun konnte, ohne ein großes Bewertungsschema zu besitzen, dann konnten es auch Erwachsene und das Bewertungsschema war nur eine Illusion. Es war eine Betrachtung, eine Einzelmeinung, die auch nur ein Kapitel in einem Selbstbetrug war. Die dunkle Seite wollte Mytria stehlen.

Still stieg sie an, während die unsichtbaren schwarzen Wogen in die Macht drangen und ihre Aura immer weiter verdunkelten. Ihre Mimik erfor in dieser Erinnerung, denn Lee hatte ihr erneut bewiesen, dass es kein Gut oder Böse gab, sondern nur Handlung. Eine Entscheidung einer Einzelperson, die auch andere betreffen konnte. Die Galaxis war willkürlich und dies schmerzte sie. Denn Mytria wünschte sich so sehr, dass es anders war. Sie wollte die Galaxis anders machen und fürchtete, dass dies niemals gelingen würde. "Ihr habt Recht, dass die Macht nichts ist, was als Begründung dienen kann und doch...," wollte sie formulieren und brach dann ab. Ihre Stimme hatte sie verlassen als die Augen die Tränen nicht mehr halten konnten. Die dunkle Seite wollte sie schützen und ihr Kraft geben, denn sie war einfach zu erschließen. Die dunkle Seite trat auf und ließ den Frost ins Herz. Dieser kalte Schmerz kroch in die Knochen und verband sich mit den Gedanken der sehnsüchtigen Mytria. Die Melodie des Abgesangs hallte wieder und Luke konnte das Leid in ihren Augen sehen, die sich trüb färbten und die Tränen sangen das Lied vom Leid. Ab diesem Zeitpunkt konnte sie nicht mehr folgen. Die Frau weinte schluchzend und versuchte die Tränen unter beiden Händen zu vergraben. Sie versteckte ihr Leid mühsam mit beiden Händen, die sie fest ins Gesicht drückte, damit niemand sah, wie schwach sie war. Mytria fühlte sich verloren, denn der Gedankengang und die Erklärung von Luke trafen sie an dem Ort, wo sie verwundbar war. Sie trauerte um etwas, was sie verloren glaubte. Sie trauerte aufrichtig und weinte mit jedem Herzschlag, den sie in Melancholie verbracht hatte. Die Maske des stürmischen und frechen Mädchens brach ein. Es brach alles ein, was sie darstellen wollte und sie trat den alten Ängsten wieder bei. Es gab keinen Grund die Ängste wieder auszuschließen. Es gab nichts, was sie hinderte, einfach in diese Trauer zu fallen.

"Es gibt nichts," wollte sie abwehren, wollte sie vermeiden, dass jemand nachfragte und doch ahnte sie bereits, dass Luke nachfragen würde. Sie hatte die restlichen Ausführungen versäumt in der Serenade ihrer eigenen Gedanken. Es war schwierig. Zu schwierig für sie aus der dunklen Seite auszubrechen, die nicht nur Zorn, sondern auch Pein war. Die dunkle Seite umgarnte sie mit einer einfachen Antwort, dass sie alles war, was je sein würde. Sie musste sich nur hingeben und würde erlöst werden. Mytria wollte ausbrechen. Jetzt endlich. Es gelang ihr, während sie die Hände vom Gesicht nahm, sich wieder enger an Koryn kuschelte, um etwas Vertrauen zu finden. Nicht noch ein Verrat. Nein, sie würden niemanden verraten. Nicht heute. Die Tränen fielen weiterhin aus ihren Augen, spiegelten sich im Sturz im Grün des Bodens. Die Augen gewannen dennoch wieder an Farbe und die Mimik war nicht mehr eingefroren. Die dunkle Seite mit ihrem kalten Frost wich wieder zurück, als sie die letzten Worte von Luke vernahm. "Es gibt immer nur eine Entscheidung," antwortete sie Luke auf seine letzte Ausage, ob er sie Mitgefühl oder die Wahl des einfachen Weges lehren würde. "Es gab immer nur eine Entscheidung," sagte sie mit gebrochener Stimme, die noch um Kraft rang. Dieser Ort erfüllte sie zwar immer noch aber hatte an Glanz verloren. Der Wind, der aufkam, trocknete ihre Tränen mit vorsichtiger Macht. Es tat ihr gut, diesen zu spüren, während er ihre Haare herumwehte. Kurz schloss sie Augen, um den Wind willkommen zu heißen. Etwas wollte sie Zuversicht wissen lassen. Etwas war hier, um für alle Gnade zu zeigen. Es war etwas Göttliches im Wind, der mit einer alten Magie wirkte und die Sorgen fast hinfort trug. Mytria hörte auf ihn, wie er vorbei rauschte und sanft über die Haut fuhr. SIe holte tief Luft und ließ ab von der Angst. Schließlich sprach Koryn. Die Frau wandte ihm ihr Gesicht zu, strich sich mit einer Hand eine Strähne, die der Wind ins Gesicht gespielt hatte, aus dem Sichtbereich und hörte ihm zu. "Eine gute Frage," entgegnete sie unterstützend auf Koryns Frage. Auch sie interessierte, ob es möglich war, dass selbst in dieser Grausamkeit etwas Hoffnung lag. Hoffnung war alles im Leben. Auch Mytria hoffte, dass es etwas Besseres als dieses Leben gab. Vielleicht sogar auf eine gnadenvolle Macht. Ihr Herz schlug mit einem Satz langsamer, während sie Koryn betrachtete, denn er gab ihr Sicherheit, auch wenn er selbst unsicher wirkte.
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#15
Ruhig ließ Luke den Blick zwischen seinen beiden Schülern wandern, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Während der eine das, was er ihnen sagte, mit einer geradezu demütiger Haltung annahm, lehnte der andere beinahe alles davon ab. Es waren beides keine optimale Reaktionsweisen auf das, was er ihnen versuchte beizubringen, sondern sie stellten beide Extreme dar. Extreme, die ihnen auf ihrem Weg eher ein Hindernis, denn hilfreich sein würden. Würden sich beide einander nähern und auf halbem Weg treffen, so würden sie wohl den optimalen Schüler ergeben. Etwas, von dem beide profitieren würden, aber Luke wusste nicht, ob dies jemals eintreten würde. Der Punkt, an dem die Beiden von einander lernten und etwas vom Verhalten des anderen zu ihrem eigenen Verhalten hinzufügten. Aber sie waren noch jung, standen noch am Anfang und vielleicht verlangte er auch einfach noch viel zu viel von ihnen. Andererseits durfte er ihnen nicht zu viel Zeit lassen, denn Zeit war genau das, was sie aktuell nicht wirklich im Überfluss besaßen. „Die Macht selbst ist weder gut, noch böse. Weder gnädig, noch strafend“, antwortete Luke mit ruhiger Stimme. „Sie ist das, was derjenige der ihr dient, daraus macht. Hat er Gutes im Sinn, so wird sie sanft und tröstend sein. Ein warmes Gefühl der Geborgenheit. Doch hat derjenige Böses im Sinn, so wird sie zerstören und vernichten. Wird Leid und Trauer zurücklassen.“ Es mochte sein, dass andere Machtnutzer diese Sache anders sahen als er. Dass sie der Macht eine gewisse Eigenschaft fest zuwiesen, doch so war es wohl einfach. Jeder sah in der Macht etwas anderes, selbst dann noch, wenn man den selben Weg beschritt. Aber es war nicht falsch die Macht aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Keiner konnte genau sagen was die Macht wirklich war und so traf wohl jede Sichtweise gleichermaßen zu und auch nicht. Natürlich konnte er den Beiden nur das sagen, was er dachte oder wie er empfand, deswegen waren seine Erklärungen stets aus seiner persönlichen Sicht beschrieben. Eine objektive Betrachtungsweise war in seiner Situation, mit seiner Wissensgrundlage einfach nicht möglich. Aber er hatte auch nie darauf bestanden, dass seine Sichtweise, seine Interpretation die einzig wahre war. „Du kannst von der Galaxis nur das verlangen, zu was du selbst in der Lage bist zu geben“, entgegnete Luke mit noch immer ruhiger Stimme, wenn auch sein Blick nun direkt und fest auf Mytria lag. „Eine Galaxis deren Bewohner nicht bereit sind Mitgefühl zu zeigen, wird auch nie in der Lage sein Mitgefühl zu vermitteln.“ Es war ein einfaches Prinzip und doch von so vielen missverstanden. Es war ein leichtes etwas zu fordern und viele Wesen in der Galaxis taten es ohne darüber nachzudenken. Doch das Geben fiel vielen von ihnen schwer, wenn gar es ihnen nicht unmöglich war. Weil sie einfach nicht bereit waren etwas von sich aus zu geben ohne dafür nicht eine Gegenleistung zu erwarten. Doch Mitgefühl war etwas, wofür man keine Gegenleistung erwarten durfte. Es war etwas selbstloses und in diesen Zeiten rar gesät. Dieses einseitige Geben und Nehmen war genau das, was auf so vielen Planeten zu großen Unmut und Leid führte. Es waren oft genug die selben, die immer nur nahmen, während andere dazu verdammt waren stets nur zu geben. Ein Gefühl, welches sie glauben ließ, keinen Ausweg aus dieser Situation zu haben. Doch Leid führte selten zu etwas Gutem. Aber es wäre vermessen zu glauben, dass sich dies irgendwann ändern ließe. Dass es möglich wäre ein gesundes Gleichgewicht zu erschaffen. Es mochte im kleinen umsetzbar sein, doch nicht in dem Maße, wie es die Galaxis nötig hätte.

„Widerspreche ich mir wirklich oder widerspreche ich mir nur, weil du nicht in der Lage bist dir vorzustellen, dass beides zur gleichen Zeit nebeneinander existieren kann?“ Eine direkte Frage, die wohl auch nicht ganz ohne Vorwurf einher kam. „Weil es in deiner eigenen Welt, die du nicht bereit bist zu verlassen, unmöglich erscheint?“ Luke atmete tief ein und ließ kaum merklich seinen Kopf ein klein wenig sinken. Es war schwer jemanden etwas verständlich zu machen, wenn dieser sich jeder anderen Vorstellung komplett verweigerte. Mytria verstand nicht, weil sie nicht verstehen wollte. Weil sie sich selbst in ihrer Denkweise einschränkte und alles geradezu rigoros ablehnte, was für sie Mühe bedeuten würde, es verstehen zu wollen. Es war kein reines Unvermögen, es war einfach nur Sturheit. „Der Verstand auf der einen Seite“, sprach Luke und hob seine linke Hand mit der Handfläche nach oben in die Höhe. „Er sieht den langen, beschwerlichen Weg und den schnellen und bequemen Weg und besitzt die Wahl zu entscheiden.“ Ruhig hob Luke seine rechte Hand in die Höhe. „Auf der anderen Seite haben wir die Emotionen. Empfänglich für die Verlockungen des schnellen und bequemen Weg.“ Luke hatte seinen Blick noch immer auf Mytria gerichtet, während seine beiden Hände ruhig mit den Handflächen nach oben in der Luft ruhten. „Beides existiert zur selben Zeit. Die Entscheidung und die Verlockungen. Es gibt Situationen in der unser Verstand unseren weiteren Weg entscheidet und es gibt Situationen, in der unsere Gefühle schneller sind und dem Verstand keine Möglichkeit geben, die richtige Entscheidung zu treffen.“ Luke ließ seine Hände wieder sinken und legte sie in seinem Schoß übereinander. Er wusste, dass es nicht einfach war es zu verstehen, da es auf eine gewisse Art und Weise eine abstrakte Vorstellung war zugleich die Entscheidung zu haben und doch auch wieder nicht. „Lee hatte eine Wahl, so wie auch du die Wahl hattest“, sprach Luke mit ernster Stimme. „Beide seid ihr den Verlockungen der Dunklen Seite erlegen und doch urteilst du über sein Handeln. Du selbst weißt wie groß die Macht von Emotionen sein können und doch nimmst du dir das Recht heraus ihm dieselbe Schwäche abzusprechen.“ Es war stets leicht über das Verhalten anderer zu urteilen, als sein eigenes Fehlverhalten zu überdenken und genau das war etwas, das Mytria in diesem Moment tat. Noch vor wenigen Minuten hatte sie der Dunklen Seite die Kontrolle über sich überlassen und nun saß sie vor ihm und urteilte über jemanden, dem es nicht anders ergangen war. Warf ihm vor willentlich so gehandelt zu haben, als wäre es eine Entscheidung seines Verstandes gewesen. Etwas, das Luke sich einfach nicht vorstellen konnte. Lee hatte nie Tendenzen in diese Richtung gezeigt, so wie es bei Mytria der Fall war. Sie stand jetzt schon der Dunklen Seite näher, als es Lee in all der Zeit jemals getan hatte.

„Du begehst erneut den Fehler die Macht als Person zu sehen“, entgegnete Luke und auch wenn er es nicht beabsichtigt hatte, so schwang eine Spur Ungeduld in seiner Stimme mit. „Ihr einen Willen zu zuschreiben und ihr eine Absicht zu unterstellen. Nicht die Macht hat es zugelassen, sondern die Person, die sich verschrieben hat ihr zu dienen. Wir sind keine Marionetten die von der Macht gelenkt werden, sondern wir sind für unser Handeln selbst verantwortlich.“ Etwas, das er erst vor kurzem gesagt hatte. Erklärt hatte und doch musste er sich immer und immer wieder wiederholen. Es war mühselig und es kostete Kraft. „Das Leben ist deswegen nicht bedeutungslos, sondern eine solche Tat zeigt, wie groß der Wert von Leben ist“, erklärte Luke mit einer Hingabe, die wohl nur jemand aufzubringen vermochte der an das glaubte, was er tat. Jemand der gefestigt in seinem Bestreben und seinem Weg war. „Weißt du wie viele Männer und Frauen dort draußen jeden Tag ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen, um das Leben von anderen zu retten, die sie nicht einmal kennen? Die bereit sind ihr eigenes Leben zu opfern, um das von tausenden fremden Lebensformen zu schützen? Die dafür kämpfen, dass Personen wie du in Frieden und Freiheit leben können. Ist ihr Leben bedeutungslos? Ist das Leben, das sie versuchen zu beschützen bedeutungslos? Wenn ja, dann ist auch Frieden bedeutungslos. Dann ist auch das Gute bedeutungslos. Dann ist alles woran wir glauben und wofür wir kämpfen bedeutungslos. Dann ist ein jeder von uns ohne Bedeutung. Dann hat die ewige Dunkelheit den Sieg erlangt.“ Er leugnete nicht, dass es nicht immer einfach war in dem was man tat, noch einen Sinn zu erkennen. Dass es manchmal schwer war noch zu erkennen, warum man kämpfte oder wofür man kämpfte. Ob man noch immer kämpfte, um die Galaxis zu einem besseren Ort für alle zu machen oder ob man nur noch kämpfte, weil man nichts anderes gewohnt war. Man Leben nahm ohne dass es einen auf irgendeine Art und Weise noch beeinflusste. Man abstumpfte für das Leid und den Schmerz, mit dem auch der Weg zum Frieden gepflastert war. Ja, natürlich konnte man sagen, dass man selbst Leid verursachte, indem man für die gute Sache kämpfte und es besser wäre, die Waffen ruhen zu lassen. Doch war dies leider eine Entscheidung die weder zum Frieden, noch zur Freiheit führte. Man würde vielleicht den eigenen Frieden finden, doch auch das war schwer vorstellbar, so war man doch weiterhin gezwungen zu erleben, wie der Rest der Galaxis immer mehr in Dunkelheit versank. Handeln führte zu Leid und Schmerz, gleichfalls wie nicht zu handeln. Doch wenn man handelte, hatte man die Möglichkeit die Galaxis zum besseren zu verändern. Das eigene Leben war nicht mehr als ein Sandkorn im Wind und man sollte ihm auch nie mehr Wert beimessen. Man sollte das eigene Leben nie wichtiger nehmen, als den Frieden für alle. Aber sich selbst nicht als Mittelpunkt zu sehen, sondern nur als Teil eines viel größeren Ganzen, war für viele unvorstellbar.

Langsam löste Luke seinen Blick von Mytria und lenkte ihn wieder zur Koryn, der bisher schweigsam neben Mytria gesessen war. „Ich weiß es nicht“, sprach Luke leise und seine Stimme klang müde. „Aber für ihn hoffe ich, dass er gefunden hat, nach was er gesucht hatte.“ Zumindest wäre dann für Lee diese Reise von Sinn gewesen und diese Grausamkeiten wären nicht vollkommen ohne Sinn gewesen. Er sprach seine weiteren Gedanken dazu bewusst nicht laut aus, so würde man sie wohl nicht nachvollziehen können und man würde Erklärungen erwarten auf etwas, das er nicht erklären konnte.
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#16
Koryn verschlug es bei Mytrias trotzigen Worten glatt die Sprache. Vorerst kam nur ein überraschter Laut als verzerrtes Rauschen aus seiner Maske, das aber in der feurigen Tirade der Jedi-Anwärterin unterging. Fassungslos starrte er sie an. Leben war ganz sicher nicht bedeutungslos! Es gab so viel zu lernen, zu sehen und gemeinsam zu erreichen. Doch es würde auch immer Personen geben, die falsche und eigennützige Entscheidungen auf Kosten anderer trafen. Auch das gehörte zum Leben dazu, so sehr Koryn es bedauerte. Wenn dem nicht so wäre, bräuchten sie keine Begriffe wie ‚richtig‘ oder ‚falsch‘.
Gerade noch hatte der Kel Dor geglaubt, den heftigen Wechsel ihrer Emotionen begreifen und akzeptieren zu können – aber da hatte er sich wohl geirrt. Nun wuchs ein heftiger Widerwille in dem Machtbegabten. Wenn Mytria nicht lernte, ihre Gefühle im Zaum zu halten, wie sollte sie da erst die Kontrolle über ihre Machtfähigkeiten erlangen?

„Du kannst nicht die Macht für alles verantwortlich machen“, platzte es schließlich aus ihm heraus, nachdem Luke bereits begonnen hatte, auf ihre Worte einzugehen. „Jeder muss für seine Taten selbst die Verantwortung übernehmen. Die Macht wirkt durch Wesen wie uns und spricht zu uns. Aber ich würde nie behaupten, dass sie für mich entscheidet! Dazu beherrsche—“ Er brach ab und schüttelte den Kopf. Das war nicht, was er sagen wollte. „Dazu kann ich sie noch viel zu wenig verwenden und verstehen. Ich kann mit ihr meine Körperkraft und Ausdauer verbessern, doch ansonsten gerade einmal einen Stein anheben. Bevor ich dich traf, hatte ich auch erst einmal eine Vision! Zumindest glaube ich, dass es eine war.“
Er blickte zu Luke Skywalker. Teils versichernd, da der Traum die Ankunft des Jedi-Meisters angekündigt hatte. Teils beschämt, weil er sich selbst wieder zu einem Gefühlsausbruch hatte hinreißen lassen. Genau das, was er Mytria gerade vorgeworfen hatte. „Aber vorhin im Seenland hat die Macht uns gewarnt, dass etwas passieren würde. Passiert ist. Vielleicht war es nicht mehr rechtzeitig, aber was… was hätten wir schon tun können?“ Es kostete ihn unglaublich viel Überwindung, sich dies einzugestehen und er klang dabei sehr niedergeschlagen. „Vielleicht wurden andere auch gewarnt. Vielleicht haben sie die Botschaft besser verstanden als wir – und anders entschieden.“

Koryn fühlte sich von den Worten des älteren Jedi sehr angesprochen. Doch es hinterließ kein gutes, aufbauendes Gefühl wie sonst. Der schnelle Weg… Der Jedi-Schüler war oft mit seinen Fortschritten ungeduldig, auch wenn er die Schuld daran allein sich selbst gab. Trotzdem würde er nie auf die Dunkle Seite fallen und dadurch andere leiden lassen! Es widersprach allem, das er sich unter dem Bild eines Jedi-Ritters vorstellte. Sein Bestientrick war noch zu rau, zu grob, zu eindringlich. Koryn hatte dies verstanden und obwohl es ihm noch nicht gelang, auf sanftere Weise mit den Shaaks Kontakt aufzunehmen, wusste er, wann er abbrechen musste. Das musste doch genug sein, um einschätzen zu können, wann er der Dunklen Seite zu nahe kam und sich davon zu lösen. Oder nicht?
Mit einem nun enttäuschten Laut zog der Kel Dor eines seiner Knie an, stützte den Arm darauf und senkte den Kopf. Seine Gedanken fühlten sich mehr und mehr wie ein Wasserbecken an, dessen Inhalt man aufgewühlt hatte und der nun in ungleichmäßigen Wellen gegen den Rand schwappte. Es würde Zeit brauchen, bis die Wellen sich wieder gelegt hatten. Meditation – so schwer sie ihm fiel – wäre hier sicher angebracht. Oder ein ausgiebiges Training, um seinen Körper zu fordern und seinem Geist durch Erschöpfung Ruhe zu gönnen.
„Aber für ihn hoffe ich, dass er gefunden hat, nach was er gesucht hatte.“ Konnte das denn wirklich etwas Gutes bedeuten, wenn das Ende von Lee Valens Suche ihn auf diese Weise ins Praxeum zurückgebracht hatte? Vielleicht war er enttäuscht worden – oder er hatte den Sturz auf die Dunkle Seite als einzigen Ausweg gesehen. So oder so war es die falsche Entscheidung gewesen. Der schnelle Weg. Doch eine weitere Antwort würden sie wohl nie erhalten. Koryn würde sich die Erinnerung an diesen schrecklichen Tag zu Herzen nehmen. Offensichtlich konnte selbst ein Jedi-Ritter seine eigene Moral in Zweifel ziehen und fallen. Alles verraten, für das er einst gestanden hatte. Niemals, schwor sich der Kel Dor und ballte die Hand zur Faust. Niemals werde ich meine eigene Gemeinschaft verraten oder ihr Schaden zufügen! Obwohl die Nachtluft noch nicht wirklich kalt war und seine dicke Haut ihn vor der Kälte schützte, fröstelte er. Niemals!
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#17
Warum taten seine Worte nur so sehr weh? Luke wusste nicht, dass man Mytria mehrfach verletzt hatte; wusste nicht, dass sie nur mühsam fühlte und eine tiefsitzende Enttäuschung in sich trug. Sie wollte ihm antworten, erneut etwas erklären aber scheiterte an sich selbst. Ihre Unterlippe zitterte, schob sich dezent hinauf zur Oberlippe, wo sie zitternd einfror. Mytria antwortete nicht mehr. Sie schwieg einfach und blickte enttäuscht von Luke weg. Nein, sie war noch lange nicht erwachsen aber konnte verstehen, was Luke ihr sagen wollte aber ihr Herz wollte es nicht verstehen. Mytria fühlte sich zurückgesetzt, während Luke in einem für sie herablassenden Tonfall eine Erklärung von sich gab. Der Vorwurf gegen sie, dass sie nichts verstand, den hatte sie oft gehört. Auch von denen, die sie einst drangsaliert hatten. Die doofe, wie kleine Mytria, die niemals etwas in ihrem Leben erreichen würde. Schließlich traf Luke sie hart mit seinen Schlusssätzen, die ihr Herz mit einem glorreichen Treffer versenkten. Bereits am Untergehen, fiel ihr Koryn in den Rücken und unterstützte Skywalker. Mytria ballte beide Hände zu Fäusten, stand erbost auf. Sie interessierte sich nicht mehr für das Gespräch, da dieses Gespräch sie bestrafte. Nur sie. Erneut war sie im Zentrum der Missachtung. Man interessierte sich nicht für ihren Schmerz und belehrte sie. Die eigentlich Jugendliche blickte erbost und erzürnt zu Koryn, dem sie einen biestigen Satz entgegen warf: "Ich habe dir vertraut!" Dann wandte sie sich zum Jedi-Meister. "Ich packe meine Sachen und gehe zurück zu meiner Familie. Ich bin keine Jedi," formulierte sie, obwohl sie gerne eine Jedi geworden wäre und sich eigentlich danach sehnte, wirklich eine Jedi zu sein. Es hatte ihr Vertrauen gegeben. Es hatte ihr Mut gemacht und es hatte ihr endlich eine sinnige Aufgabe verschafft. "Ihr versteht mich nicht," sprach sie mit großen glasigen Augen, während sich der Krampf in ihren Händen löste und sich die Fäuse wieder öffneten. "Ich gehe," donnerte ihre Stimme jeweils zu beiden, bevor sie mit großen Schritten davon lief. Bilder von Lee gingen durch ihren Kopf. War es diese Emotion, die ihn fallen ließ? War es diese Jedi-Lüge? Nein, aber Mytria wusste, dass sie in diesem Moment ihren eigenen Weg gehen musste. Den Schmerz auf ihre Weise verarbeiten. Nein, Luke und Koryn trafen sie an einem verwundbarem Punkt. Vielleicht aus guter Absicht wollten sie auf sie einwirken aber jedwede Einwirkung mit Vernunft war vergebens, wenn das Herz Emotion verlangte. Luke fühlte nicht mit ihr, sondern erklärte nur, wollte vermitteln, was derzeit nicht an sie zu vermitteln war. Die Emotionen der jungen Frau, so roh und wild, wollten ihren Platz haben. Koryn, mehr Baum, als Freund, brach ihr Vertrauen und stellte sich nicht vor sie, verriet sie in dem Augenblick, wo sie seine Nähe gewollt hatte. Mytria rannte, so schnell ihre Füße sie tragen konnten, während ihre Haare im süßen Wind des Planetens wild wehten. Tränen flossen, während sie mit den Armen unsichtbare Mauern zur Seite schob, und so grub sie sich vorwärts in Richtung des Eingangs zu den Quartieren. Vor der Tür blieb sie stehen, um zurück zu blicken. Es hatte bereits einen Toten gegeben und sie wollte nicht, wie Lee werden. Luke sah es einfach nicht. Dieser Ort schmerzte sie immer mehr. "Ich komme nach Hause," versprach sie sich selbst, bevor sie den Türöffner betätigte. Mytria wollte nur noch weg, um wieder ihrem Weg zu folgen. Auch wenn es plötzlich nicht mehr so richtig erschien.
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#18
Luke konnte nicht leugnen, dass sich langsam eine Müdigkeit in seine Glieder schlich, so war nicht nur das Gespräch mit den beiden Schülern schwierig und auf eine gewisse Art und Weise auch anstrengend, sondern es war auch das Wissen, dass diese Nacht für ihn noch lange kein Ende haben würde. Vor ihm lag nicht nur das Gespräch mit Dion, sondern auch die Vorbereitung für die Beerdigung der Gefallenen. Es war seine eigene Entscheidung gewesen sie alle, so auch Lee, den Flammen zu übergeben. Sie so zu beerdigen, wie man es unter Ihresgleichen seit jeher getan hatte. Ihm war bewusst, dass nicht alle seine Entscheidung nachvollziehen würden könnten und der eine oder andere seine Entscheidung auch nicht gut heißen würde, aber dieses Risiko war er bereit einzugehen. Er hatte diese Gemeinschaft aus vielen Absichten heraus gegründet. Weil er es wollte, weil er es musste und weil es von ihm erwartet worden war. Man hatte es nie wörtlich oder gar direkt ihm gegenüber zum Ausdruck gebracht, aber manche Dinge brauchten auch gar nicht ausgesprochen werden. Man verstand sie auch so. Es war eine Entscheidung gewesen, die ihm nicht leicht gefallen war und die er sich auch gewiss nicht leicht gemacht hatte. Für ihn war es nie ein Orden gewesen. Eine Schule in der Wenige das Sagen hatten und alle anderen hatten einfach zu akzeptieren. Für ihn hatte es eine Gemeinschaft sein sollen, wo man voneinander lernt. Ein Ort, an dem man Meinungen, Sichtweisen und Gedanken austauschen können sollte. Wo niemand für seine Meinung ausgrenzt wurde oder wo eine andere Sichtweise verdammt wurde. Aber wenn er sich nun alles aus einer entsprechenden Distanz ansah, dann war es ein Wunsch gewesen, der leider nicht zur Wahrheit geworden war. Offenbar funktionierte dieses Prinzip nicht ohne einen gewissen Rahmen oder ohne Ziele die erreicht werden wollten. Sie waren nicht der Fluss, der stark in eine Richtung floss. Sie waren nicht mehr als eine Vielzahl kleiner Bäche, die alle in unterschiedlichen Richtungen flossen. Eine frustrierende und auch niederschmetternde Erkenntnis für den jungen Jedimeister.

Sein Blick glitt leicht zu Koryn als dieser seine Stimme erhob und es war ein inneres Seufzen, mit dem es Luke zur Kenntnis nahm. Es war nicht falsch, dass Koryn seine Meinung kund tat, aber in diesem Moment würde es Mytria wohl vorkommen, als würde Koryn seine Seite einnehmen, anstatt seine eigene, wenn auch sie in diesem Fall wohl übereinstimmten. „Meine erste Vision hatte ich auf Dagobah“, begann Luke von seinen eigenen Erfahrungen zu erzählen, die er sonst pflegte für sich zu behalten oder wenn, sie lediglich oberflächlich zu beschreiben. „Ich sah meine Freunde in Gefahr. Sah sie in der Hand des Imperiums. Sah wie sie litten.“ Es lag nun schon ein paar Jahre zurück, aber Luke konnte sich noch immer an jedes Detail dieser Vision erinnern. Sie hatte – Nun sie hatte wohl einen bleibenden Eindruck hinterlassen, von dem er noch heute profitierte. „Ich war überzeugt davon, dass sie sterben würden, würde ich ihnen nicht zu Hilfe eilen“, erzählte er weiter und richtete seinen Blick auf die beiden jungen Personen vor sich. „Doch weder Obi-Wan Kenobi, noch Meister Yoda waren sich sicher, was diese Vision zu bedeuten hatte. Sie sagten mir, dass es so sein könnte, aber nicht so sein musste. Sie rieten mir mein Training nicht zu unterbrechen. Sie warnten mich davor nach Bespin aufzubrechen, so sei ich doch nicht bereit mich Darth Vader zu stellen.“ Unbewusst strich sich Luke mit der linken Hand über die Rechte. Er lebte schon so lange mit dieser künstlichen Hand, dass sie zu einem Teil von ihm geworden war. An vielen Tagen vergaß er es auch vollkommen, doch an Momenten wie diesem, erinnerte sie ihn an sein Versagen damals. Nun vielleicht war Versagen nicht unbedingt das richtige Wort. Es war sein Egoismus gewesen. Sein Glauben alles schaffen zu können. Sein Übermut und sein falscher Ehrgeiz. Ja, sie erinnerte ihn jedes Mal an seine Ungeduld, die ihn damals beinahe das Leben gekostet hatte. „Ich schlug die Warnung der Meister in den Wind und brach nach Bespin auf um meine Freunde vor dem Tod zu retten“, sprach er weiter und sah beide Schüler mit offenem Blick an. „Doch dann war ich es, der von ihnen gerettet werden musste.“ An diesem Tag hatte er mehr Glück gehabt als alles andere. Mochte sein, dass es die Macht gewesen war, die ihn unterstützt hatte, damit sein Fall durch die Röhren nicht endlos war. Aber dass Leia seine Schwester war und dass sie in der Lage gewesen war sein Rufen zu hören, das war wohl doch dem Glück zu verdanken.

„Was einem eine Vision zeigt, kann so eintreten, aber es muss nicht so eintreten“, wandte sich Luke an Koryn, den er war es gewesen, der von seiner Vision gesprochen hatte. „Sie kann ein Hilferuf sein, aber auch eine Warnung. Es ist nicht einfach zu entscheiden, was davon es ist und nicht selten trifft man die falsche Entscheidung.“ Wenn Koryn gesehen hatte, was sich im Praxeum zutrug, dann konnte es wahrlich beides gewesen sein, doch in seinem Falle hätte Luke es als Warnung gesehen. Eine Warnung davor Fuß in das Praxeum zu setzen, um dem zu entkommen, was passieren würde. In einem solchen Fall dem Praxeum fern zu bleiben, hätte niemand als Feigheit oder gar Schwäche gewertet, sondern man hätte es als eine vernünftige und richtige Entscheidung gesehen. Man half niemanden, indem man sich kopflos in einen Kampf begab, den man nicht gewinnen konnte. Eine Lehre, die er auf schmerzhaftem Weg hatte lernen müssen. „Nicht immer ist Verstecken ein Zeichen von Schwäche“, meinte er direkt an Koryn gewandt, von dem er spüren konnte, dass ihn seine eigene Entscheidung zu belasten schien. Luke vermutete, dass Koryn von sich selbst glaubte, in diesem Moment nicht von Nutzen gewesen zu sein. Dass es falsch gewesen sei, nichts zu tun, aber dem war nicht so. Er hatte unbewusst die Entscheidung getroffen, die in dieser Situation die richtige gewesen war. „Und Kriege, machen einen nicht groß.“ Es huschte ein kurzes Lächeln über Lukes Lippen, als er sich an die Person erinnerte, die einst diese Worte gesprochen hatte. Damals hatte er nicht verstanden was ihm Yoda damit hatte sagen wollen, doch mittlerweile glaubte er verstanden zu haben.

Doch dann war es Mytrias Verhalten, welche Luke wieder zurück in die bittere Realität holte. Er spürte Wut. Er spürte Enttäuschung und er spürte Unverständnis. Die Worte die sie ihm an den Kopf warf waren ihm nur zu vertraut, denn es waren Worte, die sie immer wieder sagte. Wie immer fühlte sie sich missverstanden. Wie immer waren es andere, die sie nicht verstehen wollten. Wie immer war sie es, die sich ungerecht behandelt fühlte. Was sie aber in all der Zeit nie begriffen hatte, egal wie oft man es ihr versucht hatte zu erklären, egal wie man es ihr versucht hatte zu erklären, war dass sie nicht der Mittelpunkt war. Sie mochte es in ihrer kleinen Welt sein, doch für die Galaxis war sie nur eine Existenz von vielen. Sie mochte es im Leben vielleicht nicht leicht gehabt haben, doch damit war sie nicht die Einzige. Er war so vielen Personen begegnet, die es genau so schwer hatten wie sie und dennoch nicht zu derartigem Egoismus geneigt hatten wie Mytria. Die deswegen nicht erwartet hatten, dass sich alles nur um sie drehte und man ihnen jegliches Fehlverhalten deswegen verzieh. Eine schwere Kindheit oder ein schwieriges Leben konnte und durfte niemals eine Rechtfertigung für mangelhaftes und respektloses Benehmen sein. Luke wandte sich nicht nach ihr um, als sie an ihm vorbei ging. Er reagierte nicht auf ihre Vorwürfe, sondern schwieg. Es wäre falsch, ihr in diesem Augenblick die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, von der sie regelrecht erwartete, sie zu erhalten. Wenn er nun reagierte, würde sie nichts lernen, sondern sich beim nächsten Mal wieder so verhalten. Würde nicht erkennen, dass ihr Verhalten nicht korrekt gewesen war. Auf Trotz und Sturheit war es falsch mit Verständnis zu reagieren. Man war ihr in so vieler Hinsicht mit Verständnis entgegen gekommen ohne dass bei ihr auch nur ein Fortschritt zu erkennen gewesen wäre. Immer wenn man das Gefühl gehabt hatte, sie hätte einen Schritt in die richtige Richtung gemacht, machte sie im nächsten Moment zwei zurück. Vielleicht war nun wirklich der Zeitpunkt gekommen, an dem man mit dem Verständnis und der Zurückhaltung aufhören musste und stattdessen feste Regeln an den Tag legen sollte.

Lukes Blick glitt zu Koryn. „Du hast nichts Unrechtes getan“, sprach er mit ruhiger Stimme. „Nichts getan wofür du dich entschuldigen oder gar rechtfertigen müsstest. Das sollte dir bewusst sein, solltest du den Wunsch hegen ihr nachgehen zu wollen.“ Er wusste nicht, ob das wirklich Koryns Wunsch war, aber er müsste sich in dem jungen Mann täuschen, würde er nicht in diesem Moment über genau diesen Schritt nachdenken.
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#19
Der Jedi-Schüler kam wieder ein wenig aus seinem selbst geschaffenen Schneckenhaus heraus, als Luke Skywalker von seiner ersten Vision berichtete. Es geschah nicht oft, dass der Jedi-Meister von seiner Vergangenheit erzählte und der Held der Neuen Republik versuchte, kursierende Geschichten über seine wahren und vermeintlichen Heldentaten aus dem Praxeum fernzuhalten – umso mehr lohnte es sich, zuzuhören. Obi-Wan Kenobi, Yoda, Darth Vader… Obwohl diese Personen nur eine Generation zuvor das Bild der Galaxis entscheidend geprägt hatten, waren sie für den jungen Kel Dor fast schon mythische Gestalten. Ebenso war es nur schwer vorstellbar, dass der weise, in sich ruhende Jedi-Meister einmal so unbedarft gewesen war wie Koryn. Doch auch ein Luke Skywalker hatte wohl einmal als Schüler begonnen und seine Erfahrungen machen müssen. Diese Tatsache machte es Koryn leicht, sich mit dem Jedi zu identifizieren – während Mytria offenbar in die entgegengesetzte Richtung strebte.

Er konnte die Erläuterungen seines Lehrmeisters durchaus nachvollziehen. Koryns Bindung zur Macht war vor allem körperlicher Natur, dadurch hatte er sich um die geistigen Aspekte wie das Deuten von Visionen bisher wenig Gedanken gemacht. Seine Machtsinne verrieten ihm durchaus – meistens – wenn etwas nicht in Ordnung war. Aber so intensiv wie heute hatte er die Verbindung zu dem Energiefeld noch nie gespürt und glaubte durchaus, dass es auch etwas mit Mytria zu tun gehabt hatte. Nicht nur der Tragweite der Ereignisse. Nun bestand kein Zweifel, dass Meister Skywalker ihn mit seinen Worten meinte und Koryn war dankbar für die Maske, die seine Scham immerhin etwas verbarg – auch wenn sie durch die Macht förmlich hinaus strahlte. Nein, er war noch ein Schüler. Stand noch ganz am Anfang und hatte nicht einmal eine richtige Waffe. Er hätte niemandem geholfen, wenn er vor dem Tod von Lee Valen zurückgekehrt wäre, um sich dem gefallenen Jedi zu stellen. Es wäre vielleicht edelmütig gewesen – aber sinnlos. Und doch hatten es andere Schüler des Praxeums ebenfalls versucht… Abermals entwich dem Kel Dor ein leises Seufzen. Das Gewicht auf seinen Schultern schien gleichermaßen leichter und schwerer geworden zu sein.

Dann machte Mytria ihren Emotionen ein weiteres Mal Luft und fuhr erst ihn, dann Luke Skywalker an. Ihre Zurückweisung war so greifbar, als hätte sie ihn mit bloßen Händen von sich gestoßen. Fassungslos starrte der Kel Dor sie an – unfähig, auch nur ein Wort herauszubekommen. Was?! Immerhin gelang es ihm, seine Hand in ihre Richtung auszustrecken, als sie davonstürmte, aber es war eine wirkungslose Geste. Mit Schwung erhob sich Koryn von der Bank und sah ihr nach, doch damit hatte seine Dynamik vorerst ein Ende. Jetzt? Nach diesem Tag willst du gehen? Hast du eine Ahnung, was— Ertappt blickte er sich zu seinem Meister um, der ihn besser einzuschätzen wusste, als ihm manchmal lieb war. Aber er hatte Recht, Koryn wollte ihr nachgehen. Wenn auch eher, um sie von einem furchtbaren Fehler abzubringen. Der Jedi-Schüler wandte sich dem Älteren nun vollständig zu und verbeugte sich vor ihm. „Danke, Meister.“

Eine seltsame Ruhe überkam ihn, als er sich in der lauen Nachtluft auf den Rückweg ins Praxeum machte. Eine Erkenntnis reifte in ihm, die er noch nicht ganz in Worte fassen konnte – und doch wusste der Kel Dor, dass sie ihn ein Stück mehr zu einem echten Jedi machen würde. Nicht Emotionalität leitete ihn, sondern Nachdenklichkeit. Skywalker hatte etwas in ihm angestoßen, das längst überfällig gewesen war. Bisher hatte Koryn sich immer vorgestellt, mit leuchtendem Lichtschwert vor anderen zu stehen, um sie zu beschützen. Doch das war nicht immer der richtige Weg und auch nicht alles, was einen Jedi ausmachte. Er musste auch an ihrer Seite sein und sie verstehen lernen. Um Mut und Trost zu spenden oder Irrwege aufzuzeigen. Mit ein wenig Nachfragen fand er den Weg zu Mytrias Quartier, doch der Eingang war fest verschlossen. Mit einem tiefen Atemzug wappnete sich der Kel Dor und streckte seine Machtsinne aus. Sie war noch hier, aber ihre aufgewühlten Emotionen bildeten einen rauen Schild um das Mädchen. Auch wenn er damit seine Anwesenheit vielleicht schon verraten hatte, betätigte er den Signalknopf des Türpanels, um ‚anzuklopfen‘.

„Mytria?“, fragte er nach einem Moment des Wartens, da die Tür nach wie vor verschlossen blieb. Dennoch war er sich sicher, dass sie ihn hören konnte. Nun kam der schwierige Teil und bereits jetzt begann der Kel Dor, nach Worten zu fischen. „Du hast Recht, ich verstehe nicht. Aber… Ich glaube, du hast mir auch nicht die Möglichkeit gegeben, dich zu verstehen.“ Kurz lauschte er, dann schüttelte er mit einem Seufzen den Kopf. „So oder so denke ich, dass du einen Fehler machst, wenn du jetzt gehst.“ Er legte eine Hand auf die Tür und versuchte unwillkürlich nachzuspüren, was auf der anderen Seite vor sich ging. „Was du vorhin getan hast, hätte jemanden verletzen können – dich selbst eingeschlossen. Was wirst du tun, wenn es noch einmal passiert?“ Eine weitere Pause entstand. Es kostete Koryn viel Überwindung, das Folgende zuzugeben. „Ich… bin kein Jedi. Auch wenn ich gerne einer sein würde. Doch bis dahin habe ich noch viel zu lernen. Möglicherweise bist du schon jetzt stärker in der Macht als ich. Und möglicherweise ist genau das der Grund, warum du dich so unwohl fühlst. Ich glaube wirklich, dass diese Gemeinschaft dir helfen kann – besser als irgendjemand sonst in dieser Galaxis. Wenn du sie nur lässt.“
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#20
Luke lächelte nur leicht vor sich hin, als sich Koryn vor ihm verneigte und dann Mytria hinterher eilte. Er wusste, dass es für sie nicht einfach war und ganz besonders nicht nach einem derartigen Abend. Ruhig blieb Luke vor dem Baum sitzen und schloss die Augen. Ließ die Geräusche der Nacht auf sich einwirken, konzentrierte sich auf seine Atmung und versuchte sein inneres Gleichgewicht wiederherzustellen. Versuchte Kraft zu tanken für das, was in dieser Nacht noch vor ihm lag. Es war sein Praxeum und es war seine Verantwortung für die Toten zu sorgen. Sie auf eine angemessene Art und Weise der Macht zu übergeben. Es gab niemanden, der ihm diese Bürde abnehmen konnte und selbst wenn sich jemand dazu bereit erklären würde, würde er es nicht akzeptieren können. Es war eine Verantwortung, die man nicht abgeben konnte und auch nicht sollte. Er hatte seine Zweifel gehabt, ob er diese Gemeinschaft wirklich gründen sollte, so hatte er die ganze Zeit die Angst davor gehabt, einen aus dieser Gemeinschaft an die Dunkle Seite zu verlieren. Er war jung und wusste selbst nicht viel über die Macht. Ja, er hatte in den letzten Jahren viel dazugelernt. War durch die Galaxis gereist und hatte Augen und Ohren offen gehalten, aber er hatte immer Bedenken gehabt, dass es nicht reichen könnte. Es war vermessen Anderen etwas zu lehren, was man selbst kaum verstand. Er hatte Lehrer gehabt – Ben und Yoda – die gewusst hatten, was sie taten. Sie hatten die Macht gekannt, verstanden und sie hatten viele Jahre damit verbracht sie zu begreifen und anzuwenden. Sie waren stark gewesen in dem was sie getan hatten. Wie hatte er nur denken können, dass er es ihnen gleich tun könnte? Dass er anderen der Lehrer sein könnte, die sie ihm gewesen waren. Er besaß nicht Yodas Verstand und nicht sein feines Gespür und noch weniger besaß er Bens Weitsicht oder seine Geduld. Ja, Luke hatte Zweifel gehabt und doch hatte er sie ignoriert und sie der Notwendigkeit gebeugt. Er hatte auf die Stimmen anderer gehört, anstatt auf seine eigene. Und nun war passiert, wovor er immer Angst gehabt hatte. Er hatte einen von ihnen an die Dunkle Seite verloren. Natürlich wusste er selbst, wie verlockend die Dunkle Seite sein konnte. Wie schnell es einem passierte, dass man sie nutzte ohne es sich darüber im Klaren zu sein und doch war es er selbst, bei dem er die Schuld suchte. Hatte er Lee nicht richtig vorbereitet? Gab es etwas, das er ihm nicht richtig erklärt hatte? Hatte er etwas übersehen? Hätte er etwas besser machen können? Luke konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ihm kein Fehler unterlaufen war.

Leicht neigte sich sein Kinn in Richtung seiner Brust. Es war nicht seine Hand gewesen, die das Lichtschwert geführt hatte, welchen den beiden jungen Wesen das Leben genommen hatte und doch hatte er sie im Stich gelassen. Er hätte hier im Praxeum sein sollen und nicht den Bitten anderer folgen sollen. Sein Platz war hier und nicht auf irgendwelchen Planeten zu irgendwelchen Verhandlungen oder Gesprächen. Jedi sollten nicht zum Instrument der Politik werden und doch hatte er es mit sich machen lassen. Viel zu lange hatte er es geschehen lassen und nun hatte er den Preis dafür zu bezahlen. Er, der den Anwärter etwas von Verantwortung erzählte, hatte seine eigene aus den Augen verloren. Es war einfach nicht möglich allen Verantwortungen nachzukommen, die er sich auferlegt hatte oder die ihm andere auferlegt hatten und doch hatte er geglaubt, es irgendwie schaffen zu können. Stets fühlte er sich seiner Schwester, Han oder der Neuen Republik gegenüber verpflichtet. Hatte immer das Gefühl sie im Stich zu lassen, wenn er ihr Bitten nicht erhörte. Dabei wusste er am Besten, dass es ihm weder seine Schwester, noch Han übel nehmen würden, würde er ihr Bitten ablehnen. Immerhin gehörten sie zu den wenigen Personen, die ihn verstanden, wenn auch sie nicht nachvollziehen konnten, was für eine Belastung es sein konnte, ein Jedi zu sein. Sie fragten nie nach, wenn er ablehnte. Sie versuchten nie, ihn zu überreden oder zu drängen. Sie akzeptierten seine Entscheidung. So war es immer gewesen. Und doch hatte er sich für sie verantwortlich gefühlt. In seiner Jugend war er nie groß der Mensch gewesen, der an andere gedacht hatte. Eigentlich hatte es nur eine Person gegeben, an die er gedacht hatte und das war er selbst gewesen und selbst das hatte er oft genug ausgeblendet. Er hatte sich in Abenteuer gestürzt und war keinem Risiko aus dem Weg gegangen. Doch seit er Tatooine verlassen hatte, er auf Leia, Han oder Wedge getroffen war, er so vieles mit ihnen erlebt und durchgestanden hatte, war er zu einem anderen Menschen geworden. Nun dachte er an Andere und versuchte sie vor Unheil zu bewahren. Eine Sache jedoch war noch immer gleich geblieben – Er dachte nicht an sich. Oftmals war er in den letzten Jahren an seine psychischen, wie auch physischen Grenzen gegangen und nicht selten hatte er diese auch überschritten. Doch niemals für sich, sondern stets für Andere. Aber war nicht genau das seine Aufgabe? Seine Aufgabe als Jedi? Für all diejenigen einstehen, die es selbst nicht konnten? Die verteidigen, die sich selbst nicht verteidigen konnten? Denen zu helfen, die sich selbst nicht helfen konnten? Für die Schwachen einzustehen, weil es sonst keiner tat? Doch wann war seine Hilfe wirklich angebracht und wann glaubte er nur, es tun zu müssen? Luke hatte oftmals Schwierigkeiten eine Grenze zu ziehen. Die Grenze zwischen dem, was wirklich getan werden musste und dem, von dem er glaubte es tun zu müssen. Immer öfter hatte er in den letzten Wochen das Gefühl gehabt, seinen Halt zu verlieren.

Ja es gab die Macht und er vertraute ihr. Fand seine Kraft in ihr, doch den Halt, den er sich im Augenblick wünschte, konnte auch sie ihm nicht bieten. Sie konnte ihm nicht sagen, wie er sein Praxeum zu führen hatte. Sie konnte ihm nicht dabei helfen, mit schwierigen Schülern wie Mytria zurecht zu kommen. Sie konnte ihm nicht sagen, was er den Anwärter beibringen musste und wie er es ihnen beibringen sollte. Womit er anfangen sollte, was er worauf aufbauen sollte. Er selbst hatte so viele Fragen, wie sollte er da Antworten geben können? Immer mehr beschlich Luke das Gefühl, dass er sich mit dem Praxeum übernommen hatte. „Ich bin noch nicht bereit für diese Verantwortung“, sprach er in die Stille der Nacht, ohne dabei die Augen zu öffnen. „Ich weiß selbst noch viel zu wenig und ich kann nicht noch mehr in Gefahr bringen.“
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